Sha‘ar laAdam – Bab l‘ilInsan ist ein Ort, an dem jüdische und arabische Menschen aus der Region Galiläa sowie Reisende aus aller Welt gemeinsam lernen, arbeiten und schöpferisch tätig werden und dabei durch ihre Taten Brücken zwischen den Kulturen bauen und Verständnis füreinander schaffen.

Aktivitäten

Seit rund 20 Jahren gibt es das galiläische Zentrum für Gemeinschaftskultur. Die Begegnungsstätte diente dabei stets als ein Ort der Begegnung, der geistigen Arbeit, künstlerischer Aktivität, Natur und Nachhaltigkeit.

Begegnung

Ein Ort der Begegnung, um in aller Weltoffenheit, inspiriert durch den anthroposophischen Weg, die Perspektiven der verschiedenen Kulturen, Traditionen und religiösen Wege der Menschen in Galiläa zu verstehen, zu achten und durch praktische Zusammenarbeit aus dem Neben- ein Miteinander zu schaffen.
Durch Tagungen, Festivals, Seminare, zivilgesellschaftliche Treffen und gemeinsam gefeierte Feste sowie die ständige Anwesenheit junger Leute aus dem In- und Ausland, mit unterschiedlichen Hintergründen und kulturellen Prägungen entstehen ständig neue Begegnungsräume. Außerdem können hier Gruppen und Einzelreisende unter einfachsten Bedingungen übernachten und teilhaben an dem bunten Leben zwischen Kibbuz- und palästinensisch-beduinischer Dorf- und Kleinstadtkultur.

Künstlerische Aktivität

Ein Ort für Festivals, Aufführungen und Konzerte. Dabei wird der „Wald“, unser vielseitiges Gelände einbezogen. Durch die starke Verbindung zur Theaterschule in Harduf und arabische Schauspiel-Initiativen im Umfeld liegt der Schwerpunkt auf der dramatischen Kunst, Theater und Erzählkunst. Dabei wird mit viel Musik, phantasievollen Kostümgestaltungen und kreativen Bühnenbildern gearbeitet. Die große, gut ausgestattete Freiluftbühne ist ständig belebt: Alle Kurse vor Ort, die Freiwilligendienstleistenden aus aller Welt und die arabischen und jüdischen Schulabgänger aus Israel arbeiten mit schauspielerischen Elementen. Dazu kommen das anthroposophische Grundbildungsjahr, die Theaterschule selbst und diverse Schülerprojekte, die zum Teil international auf Tournee gehen – preisgekrönt und nicht nur in der Umgebung sehr beliebt!

Geistige Arbeit

Eine Bildungsstätte für Tagungen, Kurse und Seminare in Sprachen, Musik, Drama, bildender Kunst, zu gesellschaftspolitischen Themen, mit Friedenskursen, Seminaren zu Fragen der Religion, der Geschichte, der spirituellen Belebung der Kulturen, der Ökologie und Naturgeschichte des Landes.
Zentrum dieser Bemühungen ist das Haus der Andacht, das dem religösen und spirituellen Leben gewimet ist – ein Ort für Gebet, Gottesdienste aller Art, Einkehr und Kontemplation, aber auch für den Austausch über alles, was das Verhältnis des Menschen zu dem betrifft, was ihn im geistigen Leben tragen kann – geschichtliche und geisteswissenschaftliche Betrachtungen, geistige Musik und Kunst. Die seit 2009 in jedem zweiten Herbst stattfindenden internationalen Friedensübungswochen sind ein Beispiel für eine solche geistige Arbeit!

Natur und Nachhaltigkeit

Ein Ort, an dem ökologisches Verantwortungsbewusstsein und ein nachhaltiger Umgang mit der Erde und ihren Ressourcen erlernt werden kann. Von Anfang an wurde hier – zuerst vor allem in Jugend-Baulagern mit viel Respekt vor der Umgebung gearbeitet. Der Garten auf dem Gelände wird inzwischen durch außerhalb gepachtetes Land ergänzt, das ebenfalls biologisch-dynamisch bewirtschaftet wird. Seit einigen Jahren beschäftigen wir uns besonders mit dem Anbau von Lichtwurzel, Yams, die in ihrer dietätischen Wirkung erforscht werden, weil sie über besondere Lichtqualitäten verfügen, die hier im Land besonders gut gedeihen. Ein Ausbildungskurs zur biologisch-dynamischen Wirtschaftweise hat in der Begegnungsstätte Heimat gefunden Mit Tierhaltung wird noch experimentiert, aber die weißen Friedenstauben gehören zum Gesamtbild…

Leitmotiv

Das Leitmotiv in der Zusammenarbeit vor Ort ist der Respekt vor der Kultur, der Eigenart und dem Ich des anderen Menschen. Die Begegnungsstätte ist offen für alle, die mit anderen gemeinsam suchen, lernen und arbeiten und dabei durch ihre Taten Brücken bauen und Verständnis schaffen wollen. Wir möchten Menschen ansprechen, die bereit sind, den anderen mit seinen Entwicklungsmöglichkeiten zu achten und ihn anzuerkennen, ohne zu erwarten, dass er ihnen gleich oder ähnlich werden soll. Unser Weg zum Frieden ist das Interesse füreinander und der Respekt vor dem andersartigen Weg des anderen.

Wichtig ist uns, dass um den Ort eine Gemeinschaft aus der Wertschätzung dieser Ziele entstehen kann, in der Menschen aus den verschiedenen Kulturen daran arbeiten, in einem umfriedeten, geschützten Raum anderen Menschen zu helfen, ihr Menschsein zu verwirklichen. Vielleicht kann so das, was im Deutschen mit dem Wort „Frieden“ gemeint ist, einen kleinen Beitrag zur Verwirklichung dessen geben, was die arabischen und hebräischen Worte „Salaam“ und „Shalom“ im tieferen Sinne aussagen: Ganzsein, Heilsein, Harmonie zwischen dem Menschen und dem, was sein Schöpfer an Möglichkeiten in ihm veranlagt hat.

Programme

Neben den vielen Begegnungsprojekten, die unser Verein unterstützt und organisiert, gibt es mittlerweile eine Reihe an fortlaufenden Programmen in der Begegnungsstätte.

Project TEN



TEN bedeutet so viel wie „Gib!“. Das heißt, gib der Welt etwas von dem, was Du als junger Mensch hast – Interesse, Liebe, Arbeitskraft.

Das „Project TEN“-Programm der Jewish Agency richtet sich an junge Leute aus aller Welt. Für vier bis fünf Monate und in einem kürzeren Sommerprogramm sind etwa 10-15 Menschen zwischen 18 und 28 dabei – oft aus den USA und Kanada, aber auch aus Südamerika, Australien, Südafrika und auch aus Europa – sogar aus den jüdischen Gemeinden in Deutschland hatten wir schon Teilnehmer!

Sie leben zusammen in unseren Unterkünften und versorgen sich dort selbst, haben Unterricht in Landeskunde, Arabisch und Hebräisch und vor allem Freiwilligeneinsätze in arabischen Schulen und Kindergärten, in der Sozialtherapie in Harduf und in der Begegnungsstätte selbst.

Mehr über das Projekt erfahren Sie auf der Website der Jewish Agency sowie auf der Website der Begegnungsstätte in Israel. Einen kurzen Einblick gibt auch das angefügte Video auf YouTube:



Midrasha

„Midrasha“ ist ein Programm für Jugendliche aus der Gegend, die sich gemeinsam auf das vorbereiten wollen, was kommt – sei es Militärdienst, Sozialdienst, Studium oder Ausbildung… Die Teilnehmer sind etwa zur Hälfte Jungen und Mädchen, jüdisch und arabisch, und gehören als Schulabgängern zu den jüngsten „Waldbewohnern“. Organisiert wird das Programm von unserem Partner Amuta Sophia in Kooperation mit der Jewish Agency und dem Yigal Alon Bildungszentrum.

Das auf das Zusammenleben der Bevölkerungsgruppen, Verantwortungsbewusstsein und Konfliktlösung ausgerichtete Programm aus Unterricht, Projekten und Sport beginnt jeweils im September und endet im März. Gerade hat die diesjährige Gruppe ihr Halbjahr mit einem Schauspiel (Westside Story im Kleinformat…) beendet. Im zweiten Halbjahr stehen die speziell für das Programm errichteten Unterkünfte für Gruppen und Gäste der Begegnungsstätte zur Verfügung.Mehr über das Programm erfahren Sie auf der Website der Begegnungsstätte sowie auf dem Instagram– und Facebook-Profil des Programms.

FSJ im Ausland

Seit 2016 können junge Erwachsene über die Freunde der Erziehungskunst ein Freiwilligenjahr in der Begegnungsstätte verbringen.

Zunächst gab es eine einzelne Pionierin, dann wurden es zwei und ab 2020 können sogar drei Freiwillige kommen!

Einerseits sind sie im Programm TEN weitgehend integriert, andererseits haben sie natürlich andere Rahmenbedingungen, Vorbereitungen, Zwischenkurse und sind vor allem eben auch ein ganzes Jahr vor Ort – was spätestens in der zweiten Hälfte, wenn neue TEN-Teilnehmer kommen, dazu führt, dass sie die „Insider“ werden. Manche sind zurückgekehrt und haben andere Tätigkeiten in und um die Begegnungsstätte gesucht oder im Umfeld Ausbildungen gemacht…

Interessenten können sich u.a. hier informieren. Bewerbungen laufen über das Formular der Freunde der Erziehungskunst.

Wehrdienstalternative

Immer wieder haben wir auch junge Leute dabei, die in der Begegnungsstätte einen Teil ihres Wehrdienstes als „Pionierdienst“ ableisten. Wer eine Alternative zu den üblichen Ausbildungs- und Verwendungsreihen sucht, kann einige Monate seiner Verpflichtung in einem Aufbauprojekt ableisten – und das sind wir auch! Die Bauaktivitäten gehen ja weiter und nebenbei gibt es bei uns sehr viel zu lernen! Ehemalige Teilnehmer dieses Programms haben für ihren weiteren Weg oft Inspirationen bekommen, die sie zu treuen Freunden unserer Arbeit gemacht haben!

Initiativen

Über die regelmäßigen Programme hinaus kommen immer wieder „Einzelreisende“ in die Begegnungsstätte – Praktikanten, Kurzzeit-Volunteers, Gäste und die Studenten der verschiedenen Ausbildungen in Harduf, die im „Zeltdorf“ wohnen… Es ist immer Leben vor Ort!

Zudem gibt es eine Reihe an Initiativen, die aus der Begegnungsstätte heraus entstanden sind. Wichtig sind vor allem zivilgesellschaftliche Aktivitäten für die Gleichstellung aller Bevölkerungsgruppen in Nord-Israel, Arabisch-Unterricht für die Aktivisten, Frauentreffen, Interessengruppen (zum Beispiel eine Krebs-Selbsthilfegruppe für Frauen über die Kulturen hinweg), gemeinsame Feste, Studienarbeit (zur Zeit vor allem an der biologisch-dynamischen Landbauweise)… Auch treffen sich Schulklassen regelmäßig zu gemeinsamer Waldarbeit.

Karte

Die Begegnungsstätte befindet sich stets im Wandel. Es wird gepflanzt, gebaut und aufgrund neuer Brandschutzvorlagen musste im Jahr 2018 auch viel gerodet werden. Das obige Luftbild gibt einen guten Einblick in den derzeitigen Baustand.

Im Folgenden sind die einzelnen Gebäude der Begegnungsstätte auf einer Karte erkennbar. Die darunter liegende Navigation gibt einen Einblick in die Funktion der jeweiligen Gebäude der Begegnungsstätte.

Die Begegnungsstätte von oben

Eingangstor
Das offizielle Eingangstor zur Begegnungsstätte.

Midrasha-Gelände

Midrasha – fünf Schlafräume, Betten für jeweils sechs Personen, Dusch- und WC-Räume, Wohncaravan mit Leiterzimmer, Bad, Küche und Unterrichtsraum.

Project TEN-Gelände

TEN – 18 Schlafplätze in 3 Gebäuden mit 6 Zimmern sowie Küchen- und Speisehaus, das auch als Seminarraum dient, Dusch- und WC-Räume mit Waschmaschinen.

Gästeunterkünfte

Besuchern stehen in der Begegnungsstätte sowohl der Gäste-Caravan als auch die Gästezelte zum Übernachten zur Verfügung.

Zwischen März und September können Besucher auch im Gästehaus auf dem Midrasha-Gelände wohnen.

Die Gästeunkterunft im Sawa’ed-Dorf El-Homeira ist nicht mehr bewohnbar, sondern inzwischen Teil der sozialpsychiatrischen Einrichtung unter der Leitung von Amin Sawa’ed.

Gäste-Caravan (Luftbild)

Gästezelte (Luftbild)

Büro
Eisenbahnwaggon mit Büroeinrichtung, Computer und Wlan, Gästebett.

Haus der Andacht

100qm Saal/Andachtsraum, 20qm Sicherheitsraum/“Sakristei“, Bad und offene Teeküche am Innenhof. Ausbauzustand Rohbau mit Elektrizität und Wasser. Im Saal fehlen noch Fenster und Türen sowie ein Bodenbelag.

Zeltdorf

Stabile Zelte und Yurten mit Lehmboden als Studentenwohnungen.

Freiluftbühne

Große Freiluftbühne, Holzkostruktion mit Behelfsküche unter der Bühne. Zuschauerraum am Hang in Terrassen, alte Kino-Bestuhlung und Matratzen.

Garten

Biologisch-dynamischer Gemüse- und Kräutergarten.

Steinkreis/Feuerstelle

Offener Steinkreis mit Feuerstelle als Treffplatz. Sonnen-/Regenschutz variierend…

Hintergründe

Sha’ar laAdam – Bab l’il Insan

Der Name der Begegnungsstätte in Israel bedeutet soviel wie „Tor zum Menschen“. Dabei klingt die biblische Schöpfungsgeschichte an, in deren Mythos Gott den Menschen in seinem Bilde erschuf, auf dass er werde wie sein Schöpfer. Die englische Übersetzung „Gate to Humanity“ gibt diese Bezüge nur sehr unvollkommen wieder, und auch im Deutschen ist der Anklang an das Unvollkommene deutlich schwächer. Der werdende Mensch des hebräisch-arabischen Namens ist als Arbeitsprinzip der Begegnungsstätte eine wesentliche Orientierung: In jedem Menschen auf das zu schauen, was mehr ist als seine kulturellen Gruppenzugehörigkeiten, und anzuregen, die Möglichkeiten des Menschseins in sich zu entwickeln.

Galiläa

Der Norden des Heiligen Landes, Galiläa, wird mitunter das Land des Lebens genannt – eine verhältnismäßig fruchtbare Landschaft, die in der Geschichte des Landes immer wieder zum Treffpunkt, zum Begegnungszentrum, zum Durchgangsort wurde. Seit der Gründung des Staates Israel im Jahre 1948 leben hier Angehörige der verschiedensten Völker in alten und neuen Orten und Siedlungen – muslimische und christliche Araber, Beduinen, Drusen und Tscherkessen sowie Juden mit unterschiedlichstem kulturellem Hintergrund. Eine komplizierte soziale Wirklichkeit zeigt sich in diesem äußerlich meist friedlichen Nebeneinander: Solange es nicht zum Miteinander wird, droht die Gefahr ethnischer, sozialer und religiöser Konflikte, die in dieser Weltengegend schnell weitgreifende Folgen haben können.

Gefahren der Entfremdung

Die arabischen und jüdischen Siedlungen in Galiläa sind einander oft sehr fremd. Dafür gibt es viele Gründe: soziale, ökonomische, politische, historische, kulturelle. Die Entwicklungen der letzten Jahre haben die Entfremdung weiter voran getrieben und bei vielen Galiläern Frustration und Verbitterung ausgelöst. Einer der wesentlichen Gründe der Entfremdung ist von jeher die soziale Ungleichheit zwischen den Bevölkerungsgruppen. Diese nimmt in letzter Zeit zu und wird immer schwieriger zu überbrücken. Nordisrael hat die höchste Kinderquote des Landes, und die meisten dieser Kinder sind nicht aus den jüdischen Bevölkerungsteilen (62,3%) sondern leben in den arabischen Gemeinden. Diese Orte haben nur wenig Mittel für Sozialfürsorge und kulturelle Aktivitäten, was insbesondere für die Minderheiten innerhalb der arabischen Bevölkerung gilt (Beduinen, Drusen, Tscherkessen), wo es in kleineren Orten auf dem Lande manchmal sogar noch an der grundlegenden Infrastruktur wie Wasser und Elektrizität fehlt. Die Kinder und Jugendlichen in Galiläa sind hochgradig gefährdet – gefährdet, der Gesellschaft den Rücken zuzuwenden oder sich offen gegen sie zu stellen.

Herausforderungen und Chancen

Um die Lage der arabischen Bevölkerung in Galiläa nachhaltig zu verbessern, ist es notwendig, Kindern und Jugendlichen Angebote zu machen, die sie ermutigen, das Beste aus ihren Möglichkeiten zu machen – die Schule mit einem Abschluss zu beenden und die Werte ihrer und anderer Kulturen kennen zu lernen und damit ein besseres Selbstbewusstsein zu entwickeln, ihre Kraft in eine positive Richtung zu lenken.
Außerdem besteht die Notwendigkeit, den verschiedenen Bevölkerungsgruppen Möglichkeiten zur Begegnung zu bieten, voneinander zu lernen und in aller Freiheit eine Grundlage für Gleichheit und Brüderlichkeit zu schaffen. So könnte allmählich eine Kultur gleichberechtigter Bürger die Abhängigkeiten ablösen, die derzeit zu Gleichgültigkeit gegeneinander oder gar zu Konflikten führen müssen. Wenn wir in diese Zukunftsmöglichkeiten nicht heute investieren, wird die Entfremdung zwischen den Bevölkerungsgruppen zunehmen und das Nebeneinander wird früher oder später in ein Gegeneinander münden, dessen Folgen für die Region unabsehbar sind.
Im Umfeld der Begegnungsstätte möchten wir beginnen, ein solches menschliches Miteinanders zu verwirklichen.