»Masaha«, (arab.: Raum, Fläche) das kleine psychiatrische Krankenhaus im Sawa’ed-Dorf El-Homeira, ist eine alternative stationäre Behandlungsmöglichkeit für arabisch-sprachige Menschen, die einen Ort brauchen, an dem sie in Ruhe und ohne Druck ihre Krankheit angehen können.
Wir können inzwischen bis zu 12 Patienten (Männer und Frauen) gleichzeitig aufnehmen, die die erste akute Phase ihrer Erkrankung entweder überwunden haben oder die am Anfang einer abschüssigen Rampe den Weg in schwerere Verläufe noch aufhalten wollen. Das Behandlungsspektrum umfasst vor allem Traumata sowie psychotische und depressive Erkrankungen, aber in dieser Zeit haben wir es vor allem bei den Männern meist mit posttraumatischen Belastungsstörungen zu tun. Viele der Patienten dieser Tage waren entweder als Sicherheitskräfte oder Rettungspersonal bei dem Massaker vom 7. Oktober involviert — oder sie haben als Soldaten in den Kriegshandlungen schreckliches erlebt, für palästinensische Israelis ein zusätzlich identitätsverwirrendes und aufwühlendes Geschehen…
Bei einer Behandlungsdauer von 45 bis 60 Tagen werden die Behandlungskosten von der öffentlichen Gesundheitsfürsorge übernommen. Alle sind freiwillig da, die meisten sind ungeheuer dankbar für diese Möglichkeit, einen neuen Weg zu finden, mit psychischen Störungen umzugehen, der dann natürlich ambulant fortgesetzt wird, wenn möglich und sinnvoll auch in Masaha, denn hier gibt es auch ambulant versorgte Patienten. Die Einrichtung bietet eine warme therapeutische Atmosphäre innerhalb einer gesunden Dorfgemeinschaft und ist so eine ideale Umgebung für Menschen in emotionalen Umbruchssituationen.
Wir arbeiten in möglichst ganzheitlicher Weise zusammen — Fachkräfte aus den Bereichen Psychiatrie, Sozialarbeit, Pflege, Kunsttherapie und die vielen Menschen in der »Alltagspflege« oft aus dem Dorf, die mit der Patientenschaft gemeinsam den Lebensalltag gestalten. Diese Crew arbeitet für jede Person nach einem personalisierten Therapieplan, bei dem auch die Familie der betreffenden Person einbezogen wird. Die gesamtgesellschaftlichen Aspekte dieser Therapiemöglichkeit sind nicht zu unterschätzen — auch weil wir ein gutes Miteinander mit unserer jüdisch-israelischen Nachbarschaft pflegen und es im Alltag immer wieder Möglichkeiten des gemeinsamen Austauschs gibt. Auch für das Frauenbild in der arabischen Gesellschaft wird hier einiges getan, aber wir hatten durchaus auch schon Fälle, wo das gleichberechtigte Miteinander dazu führen musste, dass eine pflegebedürftige Person nicht bei uns behandelt werden konnte. Die Ernsthaftigkeit, mit der wir in diesen Fragen unser Menschenbild innerlich und äußerlich hochhalten, hat eindrucksvolle Folgen. Auch an der Behandlung von Transgender-Personen (die natürlich nicht wegen ihres Trans-Seins behandelt werden sondern eher wegen der Folgewirkungen in der arabischen Gesellschaft!) haben alle Beteiligten vor allem eine gewisse Selbstverständlichkeit im Umgang mit dem Anderssein gelernt.
Das Haus bietet Rhythmus, Struktur, gemeinsames Leben und Arbeiten (Mitarbeit in Haushalt und Garten), Kultur und Sprache, und alles erweist sich als hilfreich und wirksam. Wir gehen davon aus, dass es bei emotionalen Zusammenbrüchen neben aller professioneller Behandlung notwendig ist, eine ganzheitlich-harmonische Umgebung zu schaffen, die menschlichen Bedürfnisse anspricht.
Inzwischen haben wir drei Werkstätten im Umfeld der Klinik — eine kleine Töpferei, eine Holzwerkstatt und eine Korbflechterei. Seit längerer Zeit haben wir auch den Wunsch nach therapeutisch wirksamer Gartenarbeit, die sich bisher auf die Gärten um unseren Gebäudekomplex beschränkte. Nun hat sich eine neue Möglichkeit ergeben, von der unsere Deutschen Freunde wissen sollten: Auf dem Stück Land, das 1998 der erste Kandidat für den Standort der Begegnungsstätte war, und das dann ausschied, weil dort nicht gebaut werden konnte, dürfen wir nun »Land bauen«, ja selbst Gewächshäuser errichten! Das ist eine gute Nachricht und wird uns — neben den Schafen, Ziegen und Hühnern von Faez Sawaed — die Möglichkeit bieten, Gesundung auch im Umgang mit der Erde zu erleben.
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