Freiwilligendienst unter Corona-Bedingungen

von | 6. Jul. 2021

Wir – Benjamin Herth und Teresa Jägle – sind in diesem Jahr die Freiwilligen der „Freunde der Erziehungskunst“. Wir arbeiten, lernen und leben gemeinsam mit den Freiwilligen eines jüdischen Entsendungsprogramms, die hier einen TEN!-Dienst („Ten“ heißt sinngemäß. „Gib“!) ableisten. Diese jungen Leute kommen aus aller Welt und bleiben jeweils vier bis fünf Monate in der Begegnungsstätte. Wir hatten zum Beispiel Mitbewohner aus den USA, Kanada, Türkei, Australien England und auch aus Israel selbst. Die erste Gruppe kam quasi gleichzeitig mit uns und bestand aus zwölf Leuten. Die neue Gruppe besteht aus sechzehn Leuten zwischen 17 und 23 Jahren. Seit kurzem sind alle trotz Quarantäne und geschlossenem Flughafen hier in Sha’ar laAdam- Bab l’il Insan angekommen. Damit sind wir dann schon alte Hasen und haben viel Spaß daran, den neuen unser Zuhause zu zeigen. 
Die Zeit hier im Wald vergeht wie im Flug. Wir können es kaum glauben, dass wir jetzt schon acht Monate hier leben. Wir sind Anfang September mit dem Beginn des jüdischen Fest-Jahres hier angekommen und haben daher bisher schon so einige Feiertage miterlebt.


Durch die israelischen Freiwilligen – auch die der anderen Programme –  bekommen wir einen hautnahen Eindruck davon, was es heißt, Jom Kippur, Sukkot, Purim, Pessach und vieles mehr zu feiern.
Am Wochenende und auch zu den Festen gibt es die Gelegenheit, die Familien derjenigen zu besuchen, die Verwandte in Israel haben, und auch die der Israelis. Die Gastfreundschaft in diesem Land ist überdurchschnittlich groß, und wir werden mit offenen Armen in die Familien unserer Freunde aufgenommen. So bekommt man noch viele andere interessante Eindrücke dieses vielfältigen Landes!

Wir arbeiten in der Schule im Beduinenort Ka’abiya und in der einzigen arabisch-sprachigen Waldorfschule Israels in unserer Nachbarstadt Shfaram, in der sozialtherapeutischen Lebensgemeinschaft ‚’Beit Elisha in Harduf‘ und in der Begegnungsstätte selbst. Unter Corona-Bedingungen unterlag das gewissen Schwankungen, weil die Schulen teilweise geschlossen waren. Aber seit kurzem gehen wir zweimal die Woche zur Schule und zum Kindergarten. Wir helfen im Englischunterricht und die Kinder bringen uns all die wichtigsten alltäglichen arabischen Wörter bei, wie zum Beispiel koskosar (Regenbogen), glisa (Eiscreme), Habibi (Liebling), jamila (Schöne).
Die Kindergarten-Kultur erinnert uns sehr an unsere eigenen Kleinkind-Erfahrungen. Die Erzieherinnen arbeiten eng mit den Eltern und den Kindern zusammen. Jedes Kind bekommt am Morgen einen Kuss auf die Wange, wir spielen viel draußen, malen und nähen.

Die Arbeit in Beit Eleisha haben wir natürlich auch während der gesamten Übergangsphase zwischen der ersten und der zweiten Gruppe fortgeführt, wir fühlen uns im Garten wie auch in der Küche sehr wohl und gut in den Alltag eingebunden! Im Garten beginnen wir Wassermelonen und die einheimische Gurke Fakus zu pflanzen. 
Das Ökologie-Projekt, das jeden Dienstag-Nachmittag stattfindet, macht uns große Freude. Wir arbeiten zusammen mit Jugendlichen aus Harduf, Shfaram und Sawa’ed an neuen Gärten und Ideen zur Nachhaltigkeit.
Da wir nun auch kurz vor dem Ende des Ramadan stehen, haben wir uns gestern mit unserer gesamten Ökologiegruppe getroffen und hatten alle zusammen ein großes Festmahl nach Sonnenuntergang. Bevor wir aber überhaupt so weit waren, haben wir als Gruppe bereits am Morgen angefangen alles aufzubauen und zu kochen. Ganz besonders das Essen hat dabei sehr viel Zeit in Anspruch genommen. Zum Beispiel die gefüllten Weinblätter, die einiges an Geduld forderten, da es doch sehr zeitaufwendig ist, den Reis in die sensiblen Weinblätter einzurollen. Zum Festmal gab es dann traditionelle Musik des Mittleren Ostens, reden, Gesang und natürlich das ganze leckere Essen.

Uns alle hat es besonders berührt, dass wir trotz der angespannten Lage zusammen kommen konnten und einen wunderbaren Abend als Muslime, Juden und Christen gemeinsam verbringen konnten, um das Ende des Ramadan zu feiern.
Die Ankunft der zweiten ‚’Project TEN’-Gruppe bedeutet für uns auch, dass wir endlich mit unserem zweiten Theaterstück anfangen können. Wir haben uns für „Alice im Wunderland“ entschieden, wollen ein kleines Musical daraus machen und lernen viele Lieder dafür.

Die letzten zwei Wochen war einiges los in Shaar laAdam-Bab li’l Insan. Das anthroposophische Grundjahr in Harduf hat das  Theaterstück „Narnia“ im Wald geprobt und dann letztes Wochenende als Abschlussarbeit aufgeführt. Das Andachtshaus wurde  kurzfristig zu einer Schneiderei. Teresa war eifrig am Kostüme nähen, und Benni war schwer damit beschäftigt, die Bühne für die Aufführungen vorzubereiten. Das Stück dauerte insgesamt sieben Stunden, und es kamen pro Aufführungstag ca. 400 Menschen. ‚‘Project TEN’ war für die Verpflegung verantwortlich, und wir haben über die vier Tage verteilt ca. 800 Sandwiches geschmiert sowie 1000 Maiskolben geschält und gekocht.
Es war sehr schön, dass der Wald wieder so belebt war, und wir haben es sehr genossen in unserer freien Zeit den Proben und der Musik zuzuhören!

1 Kommentar

  1. Dr. Inge Bartke-Anders

    Vielen Dank für die anschaulichen Berichte und von Herzen viele guten Wünsche für’s Neue Jahr: für Vesöhnung, Hoffnung, Frieden.
    Mich freut Ihr Projekt besonders, zumal ich 1965 /66 den Winter bei einer alten wiener Jüdin / Maltherapeutin unter Alfred Adler als Haushaltshilfe und 1966 /67 in einem Dorfentw-.projekt im Westen Algeriens gearbeitet habe, somit Einblicke in zweierlei Lebenswelten gewinnen konnte: beides entschieden meine Werdegänge fördernd.
    Das wünsche ich auch allen Ihren Teilnehmern und Mitwirkenden und grüße Sie herzlich
    Inge Bartke-Anders.

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