Der Zauberer von Oz – Schauspiel im TEN-Programm

von | 11. März. 2019

Wie bisher jede Generation im Projekt TEN studierte auch die letzte Gruppe von 15 internationalen jungen Erwachsenen ein Theaterstück ein. Diesmal war es „Der Zauberer von Oz“ von Lyman Frank Baum, welches Ende Januar 2019 mit Teilen auf Englisch, Arabisch und Hebräisch aufgeführt wurde.

Ein Gespräch mit Lior Soibelman und Noga Barel, die das Schauspiel und die Gruppe begleitet haben und auch ansonsten wichtige Ansprechpartner der jungen Menschen in der Begegnungsstätte sind.

Was ist für Euch das Besondere an Sha’ar laAdam – Bab l’il Insan?
Lior: Für mich ist es ein offener Ort, der Menschen anzieht, die Fragen bezüglich ihres eigenen Lebenswegs stellen, und die sich auf die Suche begeben. Ein Ort, der Begegnungen ermöglicht zwischen Menschen unterschiedlichster Herkunft, die aus verschiedenartigen Kulturen stammen und unterschiedliche Geschichten zu erzählen haben. Dieser Ort ist zu einem Treffpunkt geworden, der eine besondere Energie ausstrahlt.
Noga: Ich war auf der Suche nach einem Ort, an dem unterschiedliche Menschen zusammenkommen, um gemeinsam Neues zu erfahren. Zusammen zu erkunden, was Gemeinschaft wirklich bedeutet, diese dann zu leben und sich selbst und als Gruppe weiterzuentwickeln, das macht diesen Ort für mich zum größten Teil aus.

Ihr studiert mit jeder TEN Gruppe ein Theaterstück ein – Was ist die Idee dahinter?
Lior: Wir sind in Sha’ar laAdam – Bab l’il Insan fest davon überzeugt, dass es unter anderem Sprachgestaltung und Schauspielkünste sind, die uns aus uns heraus und in die Welt bringen sowie uns helfen, der Welt zu begegnen. Schauspiel ist eine Begegnung zwischen zwei und mehr Individuen in Interaktion. Und überhaupt, Sprache und Schauspiel ist ein Versuch, als Menschen schöpferisch tätig zu werden. Es ist eine Grundlage, Sprache ist ein kreativer Prozess und wir glauben, dass diese Tätigkeit uns dazu ausbildet, Kreativität zu entfalten. Von den jungen Menschen, die zu uns kommen, haben viele gerade erst die Schule verlassen oder sind am Beginn ihres Studiums. Sie verbringen einen Großteil ihrer Zeit mit abstraktem Denken – zumindest in der westlichen Welt, aus der viele unserer Teilnehmer kommen. Und neben diesem intellektuellen Denken möchten wir ihnen die Möglichkeit geben, wirklich etwas Neues zu erschaffen und zu erfahren, dass dies möglich ist.
Noga: Im Prozess der Proben kommt es auch immer wieder zu schwierigen Situationen zwischen den Teilnehmern untereinander. Und das ist auch ein wichtiger Teil des Prozesses, sich mit sich selbst und den Anderen auseinander zu setzen.

Abschlussaufführung in Harduf

Warum der Zauberer von Oz?
Lior: Ehrlich gesagt war ich am Anfang nicht von dem Stück überzeug; nicht weil ich die Geschichte nicht mochte, sondern eher aus praktischen Erwägungen. Ich empfand es als zu groß und als zu kompliziert, um es in drei Sprachen zu spielen. Aber die Gruppe hat sich dann dafür entschieden. Glücklicherweise hatten ein paar Leute bereits Erfahrung – die Mehrheit besaß jedoch keine Vorerfahrung mit Schauspiel, so wie es oft der Fall ist. Viele der Teilnehmer waren sehr motiviert, den Prozess voran zu bringen, das Stück umzusetzen und die immer wieder neu auftretenden Herausforderungen zu überwinden.

Seht Ihr Parallelen zwischen dem Stück selbst und der Begegnungsstätte?
Lior: Ilse, Yaakov und Faiz pflegen mitunter zu scherzen – was jedoch auch eine Spur Wahrheit beinhaltet – dass in den drei abrahamitischen Religionen die Juden die Denkkräfte vertreten, die Christen die Willenskräfte und die Muslime die Vertreter der Gefühls/Empfindungskräfte seien (Anm. v. IWF: Die Zuordnung ist eigentlich anders, wechselt aber auch immer mal wieder… und es ist ein Scherz!). Der Zauberer von Oz ist die Geschichte der Reise eines jungen Menschen, der Hauptperson Dorothy – so wie viele der jungen Leute, die zu uns nach Sha’ar laAdam – Bab l’il Insan kommen auf einer großen Reise sind. Manche sagen, Dorothy sei 14 Jahre alt, andere sehen sie sehr viel älter, so um die 21 Jahre. Jedenfalls sie ist dabei, ihren Platz in der Welt zu entdecken. Sie begibt sich auf ihre Reise, in der sie Denken, Fühlen und Willenskräfte benötigt, die jedoch voneinander getrennt sind. Sie ist diejenige, welche sie letztendlich zusammenbringt. Und ich denke, diese Form von Einheit und Selbstwahrnehmung ist etwas, was wir unseren Teilnehmern gern näherbringen möchten.

Noga: Ich glaube auch, dass die Spiralbewegung des Wirbelsturms eine Rolle spielt. Dorothy startet zuhause, von wo sie durch einen Wirbelsturm weggeweht wird. Am Ende möchte sie zurück nach Hause kommen, jedoch von einem neuen Ort. Sie musste erst aus ihrer Komfortzone herauskommen, Abenteuer und Gefahren bestehen, um dadurch transformiert wieder zurück zu kommen.

…eine klassische Heldenreise gewissermaßen?
Lior: Genau, eine klassische Heldenreise und mit dem Symbol des Wirbelsturms begibt sie sich sprichwörtlich so weit wie nur möglich von ihrem Ursprungsort fort. Aber das Bild der Spirale ist sehr schön. Sie bewegt sich in Richtung einer wahrhaften Transformation und durch die Spirale wird dies ermöglicht.

Noga und Lior

Noga, 19, aus Israel, verbringt ihren Zivildienst in der Begegnungsstätte von Sha’ar laAdam – Bab l’il Insan als Teamleiterin für die TEN-Gruppen.
Lior ist aus Kanada nach Israel eingewandert, ehemaliger Teilnehmer des TEN-Projekts, studiert nun Sprachgestaltung und Schauspiel in Harduf und leitet mit Yaakov Arnan die Schauspiel-Komponente der TEN-Gruppen.

Anselm Schelcher

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