Westside Story im Heiligen Land: Die Middle East Side Story

von | 6. Apr. 2014

Für alle Teilnehmer am Schauspielprojekt „Nathan der Weise“ stand am Ende der Israelreise der Beschluss fest, ein solches Projekt im folgenden Jahr zu wiederholen. Welches Stück, ob überhaupt ein Stück, das war noch nicht klar. Es wurden Ideen gesammelt, und wir entschieden uns für eine moderne Fassung von Romeo und Julia, aus dieser Idee wurde kurze Zeit später die West Side Story, welche dann zur Middle East Side Story wurde.

Es gab einige Probleme, die die Umsetzung dieses Projektes immens erschwerten. Der Schulleiter der arabischen Regelschule war abgesetzt worden. Mit ein Grund dafür soll das Engagement für die Theaterarbeit mit jüdischen Schülern und die Europa-Reise gewesen sein. Der neue Direktor ließ die Theatergruppe schließen. Auch sonst stellte er sich gegen das Kulturverständigungsprojekt.

2012 hatte unser Projekt viele Förderer und Sponsoren. Im folgenden Jahr planten wir alles in nur kurzer Zeit. Die Chancen auf staatliche Subventionierung waren verflogen.
Für die arabischen Familien, die sehr arm sind, waren die Fördergelder im Jahr zuvor entscheidend für die Mitreise. Die Kosten waren so hoch, dass sie von den Familien nicht getragen werden konnten. Aus diesem Grund war es für die arabische Gruppe aus Ka’abia unmöglich nach Deutschland zu kommen, sodass der Traum von einem Projekt mit den Schauspielern vom Vorjahr geplatzt war.

Bei den Proben in der Begegnungsstätte

Der jüdisch-israelische Regisseur Ya’akov Arnan stand vor der Aufgabe, eine neue Gruppe arabischer Schauspieler zu finden. Ihm kam die Idee seinen Freund, den arabischen Schauspieler und Regisseur Mahmoud Soboh, um Rat zu fragen. Mahmoud besaß nicht nur ein Skript für die Middle East Side Story, die er schon einmal aufgeführt hatte, er wollte auch seine Schauspielgruppe mit Jugendlichen im Alter von 17 bis 23 mit im Projekt dabei haben. In der Kleinstadt Shfa’amr leben muslimische und christliche Araber sowie Drusen. Die Familien dort leben in weniger ärmlichen Verhältnissen als die Menschen im Beduinenort Ka’abia, und so war es für diese Jugendlichen möglich, die Kosten für das Projekt zu tragen.

Jüdische Waldorfschüler aus der 10. Klasse, die vom Projekt im letzten Jahr sehr angetan waren, fragten Ya’akov, ob für sie nicht auch Platz im Stück sei. Und so kam es, dass jüdische Waldorfschüler aus der 10. und 11. Klasse zusammen mit Mahmouds Schauspielgruppe aus Shfa’amr – insgesamt 22 Jugendliche – sich einmal die Woche zu treffen begannen, um das Theaterstück in Harduf einzustudieren.

Auch stand noch nicht fest, wer von den deutschen Schauspielern mit an Bord war. Die engagierten Zehntklässler aus Überlingen mussten just in der Zeit, zu der die Aufführungen in Deutschland geplant waren, ihr Feldmesspraktikum absolvieren… So waren wir schließlich nur noch vier, davon drei Neue, vom Bodensee…

Unseren Text bekamen wir erst vier Tage vor der Aufführung, da er immer wieder an das Stück und die Vorstellungen von Mahmoud und Ya’akov angepasst werden musste. Dieses Jahr bestand die Rolle der Deutschen aber auch nur darin, den deutschen Zuschauern zu erklären, was auf der Bühne vor sich ging. Zwar konnte jeder durch das ausdrucksstarke Schauspiel der Jugendlichen die grobe Handlung mitverfolgen – die Dialoge waren aber nur in hebräischer und arabischer Sprache zu hören, aber die deutschen Kommentare halfen der Verständlichkeit – auch des Konfliktes. Es gab Aufführungen in Überlingen (Waldorfschule), auf dem Lehenhof, in Freiburg (Waldorfschule) und in Basel (Christengemeinschaft). Die Aufführungen waren ein großer Erfolg. Die Menschen waren sehr davon berührt, die Zusammenarbeit zwischen arabischen, jüdischen und deutschen Jugendlichen an diesem brisanten Thema hautnah zu erleben.

Ilse Wellershoff-Schuur

*Dr. Michael Birnthaler, Leiter des EOS-Instituts in Freiburg, hat in der Erziehungskunst über die Aufführung in Freiburg geschrieben, den Beitrag können Sie hier aufrufen.

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