Hier ein paar Impressionen der deutschen Teilnehmer des Nathanprojektes 2012. Zwanzig Jugendliche aus Galiläa und vom Bodensee zeigten auf den weltweiten Jugendfesttagen der Christengemeinschaft im Mai in Überlingen Nathan der Weise in drei Sprachen. Wieder gab es viele Hürden zu überwinden, damit es zu dieser Aufführung kommen konnte – vor allem machten uns die Schul-Prüfungen der Israelis so manchen Strich durch die Rechnung – die Araber mussten gleich nach der Aufführung zurück, die jüdischen Israelis konnten erst später kommen…Die arabischen Teilnehmer wohnten in deutschen Familien, was ein großes Erlebnis war, denn manche der jungen Leute hatten noch nie anderswo geschlafen als in ihrem eigenen Haus! Keiner von ihnen war je im Ausland gewesen… Die jüdischen Schüler kamen erst am Tag der Aufführung und machten dann die Jugendtagung mit. Im September fuhren die Deutschen dann nach Israel, um dort das Stück noch einmal aufzuführen. Insgesamt war es eine sehr gelungene Sache, bei der eine starke Gemeinschaft entstand, die den Entschluss fasste, dass die Arbeit weitergehen soll. Einige der Ehemaligen und etliche Neue sind schon dabei, das nächste Projekt auf die Beine zu stellen…

Nathan der Weise, Aufführung in Überlingen, Pfingsten 2012

Warum hattest Du Lust bei dem Nathan-Projekt mitzumachen – was hattest Du erwartet?

  • Ich hatte keinerlei Erwartungen. Es war am Anfang die Rede von einem Theaterprojekt mit israelischen Schülern für die weltweite Jugendtagung in Überlingen. Dann kam noch die Israelreise mit zu den Plänen und es wurde immer spannender…
  • Ich bin ein begeisterter Schauspieler und ich nutze jede Gelegenheit schauspielern zu dürfen. Das Nathan-Projekt hörte sich nach einer ganz neuen Art des Theater für mich an bei der ich sehr spezielle neuen Erfahrung machen könnte. Und Dinge von denn ich nicht genau weiß was auf mich zukommt reizen mich…
  • Ich muss sagen, dass mich meine Mutter „gezwungen“ hat, zu dem Interessententreffen zu gehen (zum Glück)…
Aufbau für die Jugendfesttage in Überlingen

Erzähle einen Eindruck von den ersten Begegnungen mit dem Regisseur!

  • Es war ein schönes Wochenende mit Ya‘akov. Die vielen Spiele und der improvisierte erste Durchlauf von Nathan der Weise machten viel Spaß….
  • Ich muss gestehen, ich hatte mir Ya´akov irgendwie anders vorgestellt. Die Theaterarbeit auf Englisch war auch erst mal eine Umstellung. Ich fand es spannend zu sehen, dass Ya´akov, obwohl er kein Deutsch versteht, doch spürte, was wir sagen und uns die richtigen Anweisungen geben konnte. Es war toll mit ihm zu arbeiten, auch wenn es nicht immer leicht war.
Altstadt von Akko

Was wusstest Du vorher über Israel und die Situation der Menschen dort?

  • Ich hatte mir vor dem Projekt nie wirklich Gedanken über Israel gemacht und wusste nur die paar Dinge die in den Nachrichten vorkamen…
  • Natürlich bekommt man hier und da etwas über Israel und den Nah-Ost-Konflikt mit, doch die Freundschaft mit den Israelis weckte auch meine Interesse mehr über das Leben dort zu erfahren…
  • Ich wusste erstaunlich wenig, man bekommt zwar oft in den Nachrichten Dinge über Israel mit, aber ohne eine Beziehung zu dem Land hatte mich das nie wirklich interessiert. Ich wusste, dass Juden und Araber in diesem Land leben, das es ein jüdischer Staat ist, und dass dort alle monotheistischen Religionen einige ihrer Heiligtümer haben. So ungefähr hatte ich auch mal gehört, dass Israel nach dem zweiten Weltkrieg von den Engländern für die ganzen vertriebenen Juden bereitgestellt wurde.
Blick über die Dächer des Beduinendorfs Saw’aed

Als die arabischen Jugendlichen kamen, wie war die Begegnung?

  • Wir waren alle sehr aufgeregt und gespannt auf die arabischen Jugendlichen. Für mich war es besonders fremd, dass die Araber total „jenseits der Zeit“ zu leben scheinen, und nie fertig waren, wenn man zur Probe fahren wollte. Und auch dass sie jegliches deutsches Essen verschmähten…
  • Ich habe gemerkt das wir doch zwei sehr unterschiedliche Kulturen haben. Ich wusste erst nicht so recht, was mit meinem Gast reden.
  • Die arabischen Jugendlichen sind sehr freundlich und freudig, aber sie bleiben sehr stark in ihrer Welt und ihrem Verhalten. Sie wollen sich gar nicht wirklich anpassen oder viel neues ausprobieren.
  • Mit Ali war alles eigentlich ganz vertraut. Ich würde nicht sagen, dass es anders war, als wenn ein deutscher Freund bei mir gewesen wäre.
  • Mein arabischer Gast sprach leider fast kein Wort Englisch, und so war keine richtige Konversation möglich. Ich war erstaunt, wie wenig Interesse sie auch für meinen Wohnort zeigte und dass sie lieber ihre Zeit im Internet verbrachte.
  • In Israel waren wir auch im arabischen Beduinendorf und bei den arabischen Freunden zuhause. Die Gastfreundschaft der Familie war unglaublich und nicht in Worte zu fassen. Ein einmaliges Erlebnis…
Auf den Straßen des Beduinendorfes Sawa‘ed

Dann kamen die jüdischen Waldorfschüler – dein Eindruck?

  • Der erste Eindruck war „die sind ja genau wie wir“. So war es auch und wir hatten richtig viel Spaß zusammen. Und es entstanden gute Freundschaften…
  • Nach der Begegnung mit den Arabern war ich auf sozusagen alles gefasst, aber dann waren mir die Juden viel zu westlich, sie waren fast wie wir. Es war viel leichter mit ihnen in Kontakt zu treten…
Die jüdisch-israelischen Waldorfschüler verkaufen Eis zur Finanzierung der Reise

Was ist von der Aussage des Stückes geblieben? Wer ist Nathan für Dich, wer Saladin?

  • Für mich ist Nathan kein Mensch, ein solcher Mensch wäre zu weise für uns, Nathan ist für mich ein Gedanke, ein Gedanke, den wir alle öfters mal denken sollten. Für mich sagt Nathan, dass wir alle gleich sind, und auch dass es viele Wege gibt und auch geben soll, weil die Wege richtig sind, aber wir müssen beachten, dass es auch andere gibt und diese respektieren.
  • Ich bin sehr froh dass wir gerade das Stück Nathan der Weise aufgeführt haben. Es behandelt eben genau das Thema, über das ich mir nun Gedanken machte und beantwortete auch einige meiner Fragen…
Ausbessern eines Zaunes in der Begegnungsstätte

Die Reise nach Israel – wie war der erste Eindruck? Die Begegnungsstätte – das Schlafen im Wald?

  • Aufregend, endlich im „heiligen Land“ zu sein. Diese komplett andere Sprache und die Hitze…. 🙁
  • Es war wirklich so richtig trocken und am Anfang kam mir die Landschaft vollkommen tot vor…
  • Es ist zwar sehr westlich aber überall das Militär – das war anfangs verwirrend und auch ein komisches Gefühl…
  • Das langersehnte Wiedersehen fiel sehr herzlich aus; alle waren gekommen, es gab lecker Essen und später wurde am Lagerfeuer noch gemütlich beisammen gesessen. Ich musste aufpassen, dass bei unserem Wiedersehen die Tränen ausblieben…
  • Als ich mich damit abgefunden hatte, dass wir einfach in diesem Wald leben und unter freiem Himmel schlafen würden, fand ich es spannend und merkte schnell, dass man wirklich nicht viel für das Leben braucht…
  • Als ich noch in Deutschland war, war der Gedanke an Israel schon etwas Respekt einflößend (vielleicht auch durch die Dinge die man immer in den Nachrichten hörte), aber als wir dann in Sha’ar La Adam ankamen und alle unsere Freunde wieder sahen, war es einfach wunderschön. Es war herrlich, wieder mit der Theatergruppe zusammen zu sein. Wir hatten einfach immer sehr viel Spaß zusammen, und es spielte nie eine Rolle ob man Deutscher, jüdischer Israeli oder Araber war. Alle gehörten dazu. Mit einer Einschränkung, die Sprache! Wer nicht gut Englisch sprechen konnte, hatte ein Problem, und wir Deutschen fühlten uns immer übergangen, wenn auf Hebräisch diskutiert wurde….
  • Das Wiedersehen war eine helle Freude. Sofort waren wir wieder eine Gemeinschaft – eine große Familie. Die letzten drei Monate waren schnell mit Gesprächen überbrückt und man wusste wieder alles von einander. Der Rollentausch, dass wir nun Gäste waren, war auch sehr angenehm…
  • Die Begegnungsstätte ist ein schöner Ort, ich habe mich dort sofort Zuhause gefühlt. Ich schlafe besonders gerne draußen, und im Wald ist das auch ganz toll. Obwohl es in unbekannter Umgebung war und man auch manchmal etwas gehört hat von außerhalb, war das Im-Wald-Schlafen überhaupt nicht mit Angst verbunden…
  • Sha’ar la Adam ist ein wunderbarer Ort und man kann den Frieden direkt spüren, der von hier ausgeht. Er ist wirklich perfekt gelegen zwischen einem arabischen Dorf und einem jüdischen Kibbuz. Die Araber und Juden verstanden sich auch super, und ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass das eigentlich zwei verfeindete Völker sind. Ich finde die Initiative wunderbar und gemeinsame Theaterstücke sind mit der beste Weg um Freundschaften zwischen den Arabern und jüdischen Israelis zu knüpfen….
Straße in der Altstadt von Jerusalem

Jerusalem?

  • Seit den Tagen in Jerusalem hab ich ein richtiges Bild von der Geschichte von Christus vor mir. Es war beeindruckend, wie viele verschiedene Menschen dort leben. Es ist eine sehr schöne Stadt und man kann sehr viele tolle Sachen entdecken…
  • Jerusalem war besonders schön. Allerdings konnte ich mir meistens nicht vorstellen, dass all die Dinge vor 2000 Jahren wirklich hier passiert sein sollten, und einige meiner schönen Vorstellungen über die Orte, die in der Bibel beschrieben sind, sind verflogen…
  • Jerusalem war nicht nur ein starker Eindruck – es war krass. Die Altstadt hatte ich mir viel größer vorgestellt, nach dem was es da alles gab, aber dann war das nur so ein kleiner Teil in dem sich ein Heiligtum an das andere reihte. Diese Dichte hat mich überwältigt. Aber ich war fasziniert, dass alle Häuser aus demselben Stein gebaut werden mussten und dadurch so ein gutes Gesamtbild entsteht. Ich hatte das Gefühl, dass in dieser Dichte doch ein sehr gutes Zusammenleben besteht. Außer dass an jeder Straßenecke mindestens zwei Militärs stehen. Früh morgens beim ersten Gebetsaufruf hat mir die Stadt am besten gefallen, und wunderbare Sonnenaufgänge gibt es über dem Ölberg.
Tempelberg, Jerusalem

Was bleibt!? Hat das, was im Heiligen Land passiert, etwas mit mir zu tun?

  • Die Reise enfaltete in mir ein grosses Interesse für das Land. Jetzt bin ich wieder hier in Israel auf einem Schüleraustausch. Ich lebe im Kibbutz Harduf, besuche aber jedes Wochenende meine Freunde in Kaabyia…
  • Ich will auf jeden Fall noch mal nach Israel und mit den netten Leuten in Kontakt bleiben…
  • Es bleibt eine starke Verbindung zu dem Land, gerade weil man weiß, dass man dort Freunde hat, die alles – immer – hautnah miterleben, was dort abläuft. Es ist in mir ein starkes Bedürfnis, irgendetwas zu tun oder zu ändern, aber bis jetzt ist meine einzige Idee: wieder dorthin zu fahren, die Kontakte zu pflegen und weitere Jugendliche dort zusammenzubringen…
  • Bei jeder Nachricht die ich jetzt über Israel bekomme bin ich hellwach und interessiert oder mache mir gar Sorgen. Eine große Frage ist, wie es mit dem Land weiter geht ? Was wird passieren ? Gibt es eine Lösung für die vielen Probleme ?
  • Ich weiß die Lösung bis jetzt nicht ! – aber ich beginne mit ganz kleinen Schritten der Veränderung in Israel…
Sonnenuntergang über dem Jordantal


(Aus den Rückmeldungen von Anna-Sophia Uhlrich, Luise Kühlborn, Semjon Stahl, Gabriel Palatini und Linus Entringer, damals 15-16 Jahre alt)

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